Der Kaffee

Frau Schnärsch sitzt schon in der Küche 7Uhr 15. Wie immer auf dem Stuhl neben der Balkontür. Dies ist der mit Abstand beliebteste Platz (von insgesamt zwei) in der Küche. Dort sitzt ausnahmslos immer derjenige, der es als Erster in die Küche schafft. Sie ist frisch geduscht, hat ein Handtuch wie einen Turban um den Kopf gewickelt und sieht aus wie Kleopatra nach Ihrem morgendlichen Milch-Champagner-Bad. Herrrausser kommt rein. Noch etwas verpennt. Erster Gedanke. Scheiße, mein Platz ist schon besetzt. Aber wenigstens hat Kleopatra schon Kaffee gekocht. Er tritt also ein in die Gemächer der Kaiserin, hat schon fast ein „Guten Morgen Schnärsch“ auf den Lippen, da entspinnt sich die folgende Konversation:

Kleopatra: Mann, Du Hasenhirn

Herrrausser: Ist vorübergehend sprachlos

Kleopatra: Du bist doch echt ein Hasenhirn, guck mal in den Schrank. Du hast gestern koffeinfreien Kaffee gekauft. Den kannst Du Deiner Omma schenken!

Kleopatra schüttelt bedauernd den Kopf. So wie eine schwer geplagte und wirklich gutmütige Kaiserin, die Mitleid mit einem ihrer Untertanen hat, der eben besonders dumm ist, aber nix dafür kann und es eh nie lernt mal etwas richtig zu machen und sogar zu blöde ist Kaffee zu kaufen – MIT KOFFEIN.

Herrrausser: Öh!

Mehr kam erstmal nicht aus Herrraussers Mund, der sich gerade sehr, sehr dumm vorkam. Dann nach einem Blick in den Schrank:

Herrrausser: Ach so! Haha. Naja, Du hast wohl recht, bin wohl ein Hasenhirn, hab nicht aufgepasst. Die Päckchen sehen doch alle gleich aus. Haha.

Nun ja, viel dümmer ging es natürlich nicht. Vielleicht hat ja Kleopatra zurecht Mitleid und dann gleich nochmal …

Kleopatra: Mann. Du Hasenhirn.

Wobei unklar bleibt, warum gerade das Gehirn eines Hasen zur Abwertung einer Person verwendet wird, aber egal weiter: Herrrausser setzt sich hin, schenkt sich unsicher und umständlich einen Kaffee ein. Versucht ein dümmliches Lächeln in Richtung der altägyptischen Kaiserin zu schmettern was kläglich scheitert. Zucker, Milch in den Kaffee, rührt lange um, trinkt einen Schluck und weiß nicht was er sagen soll.

Schweigen.

Er fühlt sich klein und schuldig. Was hat er getan?!? Der Tag fängt ja gut an. Da saßen sie nun, die beiden und ödeten sich an. Gegenseitig. Herrrausser hatte mit seinem Kaffee ohne Koffein zu kämpfen. Schmollte ein wenig vor sich hin, was er übrigens oft und gerne tat. Und die Kaiserin saß immer noch mit Kaffee, Zigarette und schrankwandgeradem Rücken unter ihrem Pharaonenturban auf dem hübschen Köpfchen und wunderte sich schmallippig über die Situation. Herrrausser zermarterte sich wiederum den Kopf, was er jetzt mal so sagen könnte, um die unangenehme Schweigesituation zu beenden. Da ein Geistesblitz:

Herrrausser: Klopapier ist auch alle, wer ist dran?

Kleopatra: Weiß nich.

Herrrausser: Herr Keller glaub ich.

Kleopatra: Kann sein.

Herrrausser: Wer hat denn zuletzt eingekauft?

Kleopatra: genervt: Keine Ahnung.

Herrrausser: Sauwetter.

Kleopatra: Wird Zeit das die gelbe Sau wieder kommt.

Herrrausser: Aber nich so wie letztes Jahr.

Kleopatra: Mir ist kalt.

Herrrausser. Hab irgendwie schlecht geschlafen.

Kleopatra: Ich auch. War um halb 4 wach.

Herrrausser: Ich um 3.

Kleopatra:gähnt: Ich bin müde.

Herrrausser: gähnt.

Kleopatra: Ich bin so müüüde.

Herrrausser: Jo!

Kleopatra: gähnt: Der Kaffee schmeckt wie Scheiße.

Herrrausser: Quatsch, der schmeckt wie immer.

Kleopatra: Schmeckt komitsch.

Herrrausser: probiert übertrieben schmatzend einen Schluck Kaffee: Der schmeckt gut wie immer!

Kleopatra: Bäh! Schüttet den Rest Kaffee weg.

Herrrausser: Musst du noch ins Bad, ich will noch duschen?

Kleopatra: Muss mir noch die Haare föhnen.

Herrrausser: Na dann mach hin.

Kleopatra geht ab. Herrrausser bleibt allein zurück und überlegt, dass er den koffeinfreien Kaffee vielleicht umtauschen könnte. Aber er hat den Kassenbon nicht mehr. Er sponn einen verwegenen Plan. Er würde zum Supermarkt gehen und zwei Päckchen Kaffee kaufen mit Koffein. Dann würde er mit dem Bon am nächsten Tag wieder hin gehen und die zwei Pakete entkoffeinierten Kaffee mitnehmen und diese dann gegen Kaffee mit Koffein eintauschen. Schlicht und brillant. Ja, unser Herrrausser ist eben doch ein fixes Kerlchen mit einem bemerkenswerten Intellekt. Durch dieses Erfolgserlebnis beflügelt sprang er auf und eilte in den Tag.

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