Menschnisieren oder: Der Comput.

Gebrochen das Wort. Technisiert duckst du dich zum Computer hin, startest ihn, wenn er nicht ohnehin dauerläuft. Wie Kleideranziehen. Unterhose, Socken, Hemd, Computer.

Draußen Garten, Tiere, Wetter, Natur. Spontanes Leben. Bewegung. Vogel trifft Eichhorn trifft Fliege trifft Käfer trifft Ameise trifft Laus. Trifft Milbe. Trifft.

Aber der Computer. Hat ja das Internet. Da ist das von Draußen auch alles drin. Viel besser.

Riecht nicht, schmeckt nicht. Regnet nicht. Stürmt nicht. Ist angenehm warm davor. Und: man kann es aus machen wenn man genug hat. Viel besser.

Aber man hat ja nicht genug. Ratlos, was du als nächstes machen könntest kommt dir der Gedanke. Wie ist eigentlich das Wetter heute? Mal bei Wetter.de schauen. Geht ja schnell. Ach und was läuft heute Abend im Fernsehen?

Das Grünspechtpaar draußen im Garten in der großen Trauerweide brütet gerade. Die Eichelhäher bauen irgendwo ein Nest und sammeln dünne, runtergefallene Zweige unter der Trauerweide. Die Eichhörnchen liegen auf einem Ast, der von der Sonne beschienen wird, auf der Trauerweide. Überall Blaumeisen und junge Amseln. Schöner Tag. Schönes Wetter.

Laut Wetter.de 23 Grad. Regenwahrscheinlichkeit 65 Prozent. Mal googeln, wie Grünspechtbabys aussehen.

Schnell rum so ein Tag. Der Computer hebt das Zeitgefühl irgendwie auf. Und ich weiß jetzt, wie Grünspechtbabys aussehen. Und mehr noch. Auf Malle an den Stränden war heut wenig los. Klar. Keine Saison. Außerdem bedeckter Himmel und laut Wetter.de nur 18 Grad. Ein Glück bin ich gerade hier und nicht dort.

Vorm Computer. Mit dem Computer. Als Computer. Als technisierter Mensch. Oder schon menschnisierter Comput?

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Anmerkung: Dieser wunderbare Text ist von  Ralf Klingler.

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