An einem dieser Tage, an denen die Zeit stillzustehen scheint, an denen man sich nach Freiheit sehnt. Danach, nur das zu tun, was man wirklich tun möchte und nicht bei schönstem Wetter in einem muffigen Büro mit langweiligen Kollegen und noch langweiligerer Arbeit sitzen zu müssen; sondern ganz einfach frei zu sein, in dem was man tut, kam ihr ein Gedanke.
Im Büro zwar, dennoch die durch die Rollolamellen durchscheinenden Strahlen der Sonne im Gesicht, dadurch unfähig der Anzeige des Monitors zu folgen, konnte Sie nicht anders, als, wie so oft, über ihr Dasein nachzudenken. 6 Jahre in dieser Firma. 3 Jahre zuviel. Mindestens. So ihr Empfinden. Aber immer noch da. Unverändert. Kein erhöhtes Gehalt. Keine neuen Aufgaben. Stillstand und Langeweile. Stress durch Unterforderung. Der Bore Out winkt.
Unfähig zur Reaktion. Bisher. Jetzt kann Sie noch wählen was zu tun ist. Reagieren. Noch ist es nicht soweit, dass Ihre Psyche komplett blockiert. Aber das scheint nicht mehr allzu weit weg zu sein. Sie denkt oft an Ausstieg, Auszeit, Veränderung. An einen neuen Job, vielleicht sogar eine neue Stadt oder ein neues Land. Einen neuen Partner. Neues eben. Anderes. Nur nicht dieser ewig gleiche Trott, der Sie langsam aber stetig zermürbt. Zerstört. Irgendwie abgestumpft fühlt sich das Leben an. Nicht lebendig. Eher als Funktion. Funktionierend. Uhrwerkhaft. Tretmühle. Ohne Ausweg. Im System gefangen. Ausbrechen möchte Sie, aber sie weiß nicht wie?
Diese Gedanken zirkulieren in Ihrem Kopf. Immerzu. Aber Sie findet keine Antworten, keine Lösungen. Die Gedanken finden keinen Halt, kein Ziel, können nicht weitergedacht werden. Bleiben unverarbeitet. Unverändert sinnlos. Wiederholen sich. Endlosschleife.
Die Gedanken kreisen immergleich: »Was soll ich nur tun?«, »Wie komme ich hier raus?«, »Was kann ich ändern?« Ein paar einfache Antworten gäbe es. Doch dafür fehlt das Geld. Oder der Mut. Einfach aufhören? Kündigen und sehen was passiert? Davor hat Sie Angst. Irgendeinen anderen schlechter bezahlten Job annehmen? Auf 3 Tage pro Woche verkürzen, um mehr Zeit für sich zu haben? Nicht bezahlbar.
Zum Arzt gehen und sich ein paar Wochen krank schreiben lassen. Darüber denkt Sie oft nach. Durch Ihre Angst und den Stress ist Ihre Gesundheit mittlerweile angeschlagen. Sie schläft sehr schlecht, trinkt zuviel, der Magen rebelliert, sie fühlt sich ständig verspannt und erschöpft. Aber bisher konnte Sie sich noch nicht zu diesem Schritt überreden. Irgendwas hält Sie davon ab. Sie will weiter funktionieren. Außerdem mag Sie Ärzte nicht, meidet vielleicht auch deshalb den Kontakt.
Andererseits möchte Sie nicht erst zusammenbrechen, um dann irgendwo hilflos eingeliefert zu werden und dann wiederum anderen ausgeliefert zu sein. Sie will es aus eigener Kraft schaffen, in ein besseres Leben zu finden. Nur, da zirkulieren wieder die Gedanken, die Fragen und die unmöglichen Antworten und die Angst. Und schon beginnt alles wieder von vorne.
Eine neue Idee muss her. Noch nicht gedachte Gedanken. Was wurde noch nicht erwogen? Was hat Sie bisher ausgeschlossen? Was war bisher undenkbar? Es muss eine Lösung geben. Es gibt ganz sicher Möglichkeiten. Aber was und welche? Es ist tatsächlich so, dass Ihr diese notwendigen neuen Dinge verschlossen bleiben. Sie probiert ständig neue Gedanken aus. Aber nichts funktioniert. Sie fühlt sich wie in einer großen Systemblase gefangen. Sie kann nicht raus, sieht durch die Blasenmembran nur verschwommen die Außenwelt, kann nicht durchdringen. Wenn Sie es versucht prallt Sie zurück wie eine Flipperkugel. Wird durchgeschüttelt und landet doch immer wieder in ihrer kleinen traurigen Welt.
Sie wird älter und älter. Das Leben rast vorüber. Jahre vergehen. Falten entstehen, die vorher noch nicht da waren. Die Jugend ist dahin. Die Träume sind geblieben. Ungelebt. Unerreicht. Aber immer noch erhofft. Die Fragen rotieren und rotieren und rotieren und rotieren. Aber alles bleibt so, wie es immer war.
Schon zu viele Tage wie diesen gelebt und verbracht. Vielleicht geschieht doch noch das Wunder? Die Hoffnung bleibt. Nur, wie lange noch?